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Das Gedicht in der Kritik

Der Zyklus wurde in Friedrich Wilmanns ›Taschenbuch für das Jahr 1805‹ veröffentlicht, das »der Liebe und Freundschaft gewidmet« war. Solche Gedichtsammlungen waren um 1800 sehr beliebt. Sie richteten sich vor allem an ein weibliches Publikum, da Frauen in dieser Zeit den größten Teil des Lesepublikums ausmachten. Überhaupt konnte nur ein kleiner Teil des Gesellschaft lesen und schreiben. Männer lasen überwiegend Sachtexte, während sich Frauen der sogenannten »schönen Literatur« widmeten – vor allem dem Roman, der als Gattung gerade erst erfunden war.

Hölderlins Gedichte wurden im Taschenbuch also neben Gedichten, Gesängen, Kurzgeschichten und Illustrationen abgedruckt, die von Liebe und Freundschaft handelten, und werden die Leser*innen wohl ziemlich überfordert haben.

Das sagten die damaligen Rezensenten über Hölderlins Gedichte:

Für den seltenen Sterblichen, der die neun Gedichte von Hölderlin zu verstehen sich mit Recht rühmen kann, sollte ein stattlicher Preis ausgesetzt werden, und wir würden selbst den Verfasser nicht von der Mitbewerbung ausschließen. Nichts erregt mehr Unwillen, als Nonsens mit Prätension gepaart.

unbekannt

Unter den Gedichten sind […] neun versificirte Radottagen [Faseleien] von Hölderlin höchst lächerlich.

Garlieb Merkel

Die Gedichte von Hölderlin füllen eine eigene Rubrique [...] von den übrigen getrennt. Nicht ohne Grund! denn sie sind Wesen eigener Art und erwecken ganz vermischte Gefühle. Es scheinen abgerissene Laute eines gestörten einst schönen Bundes zwischen Geist und Herz. Daher auch die Sprache schwerfällig, dunkel, oft ganz unverständlich und der Rythmus eben so rauh. Wie viel besser ist das erst vor kurzem im III.Heft der Huber'schen Unterhaltungen von Hölderlin gedrukte, wenn schon auch zu viel Spannung einer ans Kränkelnde streifenden Sehnsucht verrathende Gedicht der Archipelagus, das aber aus einer früheren Periode des Verf[assers] datirt.

Karl Philipp Conz

Mit dem poetischen Blumenwesen dieses Büchleins sieht es etwas dürftig aus. […] nicht viel mehr, als poetischer Phrasenkram und Reimklingklang. Der Herausgeber muß sich hier durchaus einer strengeren Auswahl befleißigen, wenn Freunde der Dichtkunst von Geschmack an seiner Lese Gefallen finden sollen.

Johann Friedrich Schink

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