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›Keppler.‹

2021/22 feiert der Astronom, Mathematiker und Physiker Johannes Kepler sein 450. Jubiläum. Mit Tübingen verbindet ihn sein Studium an der Universität und am Evangelischem Stift, das er 1589 aufnahm. Genau 200 Jahre später widmete ihm ein anderer Stiftler eines seiner frühen Gedichte: Friedrich Hölderlin. Was verband den Dichter mit dem Naturwissenschaftler? Kommentierend verfolgt der Mathematiker Hans-Joachim Albinus deren Laufbahnen sowie die Provenienz-Geschichte des Gedichtmanuskripts ›Keppler. 1789.‹, dessen Blätter heute auf zwei verschiedene Archive verteilt sind – das Deutsche Literaturarchiv Marbach und das Freie Deutsche Hochstift Frankfurt. Für die Reihe ›Aus dem Archiv geholt‹ wurden sie in faksimilierter Form wieder zusammengeführt und können bis zu Keplers 451. Geburtstag am 27. Dezember 2022 nebeneinander betrachtet werden.

Hans Joachim Albinus: Zwei ›Schwäbische Laufbahnen‹, die ihr vorbestimmtes Ziel nicht erreichen sollten

Ab Oktober 1788 wohnte Friedrich Hölderlin (1770 - 1843) im Evangelischen Stift in Tübingen, um an der Universität das vorbereitende Magister-Artium-Grundstudium zu absolvieren, an das sich bestimmungsgemäß das eigentliche Theologiestudium anschließen sollte. Zuvor war er auf der höheren Klosterschule in Maulbronn und hatte dort über seine Jugendliebe Louise Nast (1768 - 1839), Tochter des Maulbronner Klosterverwalters Johann Conrad Nast (1724 - 1793), ihren Cousin Immanuel Gottlieb Nast (1769 - 1829) kennengelernt, Sohn des Leonberger Bäckers Andreas Benjamin Nast (1728 - 1786) und Schreiber am Leonberger Rathaus. Nast wurde Hölderlins enger Freund, sie hatten einander in Maulbronn und Leonberg oft besucht.1

Der junge Hölderlin war sich der Geschichtsträchtigkeit dieser drei Orte Maulbronn, Leonberg und Tübingen bewusst. Leonberg war der Wohnort von Johannes Keplers (1571 - 1630) Familie ab Ende 1575; das Nastsche Wohnhaus, Marktplatz 26, stand schräg gegenüber dem Keplerschen, Marktplatz 11. In Leonberg besuchte Johannes Kepler zuerst die deutsche, dann die lateinische Schule, bevor er nach bestandenem ›Landexamen‹ mit herzoglichem Stipendium und der Verpflichtung auf ein späteres Pfarramt 1584 auf die niedere Klosterschule Adelberg und 1586 ebenfalls auf die höhere Klosterschule Maulbronn geschickt wurde.2 Viele bedeutende Persönlichkeiten nach Kepler und vor Hölderlin hatten schon diese ›Schwäbische Laufbahn‹ über die Klosterschulen ins Tübinger Stift und an die dortige Universität absolviert und stets das verbindliche, von der philosophischen Fakultät betreute Grundstudium durchlaufen.3 Seine sieben Artes liberales umfassten neben den sprachlichen Fächern Grammatik, Dialektik, Rhetorik (›Trivium‹) die mathematischen Fächer Arithmetik, Geometrie, Musik, Astronomie (›Quadrivium‹) und wurden mit dem ›Magister Artium‹ abgeschlossen, der somit eine andere Bedeutung hatte als heute. Dies hatte sich seit Keplers Zeiten nur wenig geändert.4

Der klassische Fächerkanon, in dem die antiken römischen und griechischen Schriftsteller in Maulbronn und Tübingen intensiv gelesen wurden, weckte schon Keplers lebenslange Liebe zur Poesie. Er war ein begeisterter und auch talentierter Dichter,5 der uns zwei griechische, fünf deutsche und 82 lateinische Gedichte mit insgesamt 2.135 Versen hinterlassen hat; er übersetzte Plutarch und Tacitus6 und schuf mit ›Somnium seu opus posthumum de Astronomia Lunari‹ (Der Traum oder nachgelassenes Werk über die Mondastronomie), erst 1634 herausgegeben von Keplers Sohn Ludwig (1607-1663), eine phantastisch-satirische Erzählung, die in didaktischer Absicht die (scheinbaren) Bewegungen der Gestirne aus Sicht der Mondbewohner darstellen sollte7 – der Beginn der Science Fiction. Dieser Funke wurde auch bei Hölderlin entzündet, der neben seinem Hauptwerk, den Gedichten, dem Briefroman ›Hyperion oder der Eremit in Griechenland‹ und dem Trauerspiel ›Tod des Empedokles‹, auch Sophokles und Pindar übersetzte.

Hölderlin musste sich an der Universität nun im Grundstudium, wie damals schon Kepler, nicht nur mit den antiken Schriftstellern, sondern auch mit Mathematik und Astronomie beschäftigen. Insbesondere die Astronomie wollte er noch weiter vertiefen; er bedauerte brieflich im November 1791 gegenüber seinem Studienfreund Christian Ludwig Neuffer (1769-1839), »in hellen Nächten mich an Orion und Sirius, und dem Götterpaar Kastor und Pollux gewaidet, das ists all! Im Ernst, Lieber! ich ärgre mich, daß ich nicht bälder auf die Astronomie gerathen bin. Diesen Winter soll’s mein angelegentlichstes sein.«.8

Auch in seinen Gedichten sollten astronomische Motive immer wieder einmal eine Rolle spielen.9 Hölderlins Lehrer waren der Mathematiker und Astronom Karl Felix Seyffer (1762-1821) und vor allem der Mathematiker, Physiker und Astronom Christoph Friedrich Pfleiderer (1736-1821), der u.a. die ›Keplerschen Gesetze‹ und das ›Newtonsche Gravitationsgesetz‹ ausführlich behandelte.10

Kepler, der 1589 in das Evangelische Stift einzog, wurde im propädeutischen Studium durch den Mathematiker und damals bedeutenden Astronom Michael Mästlin (1550-1631) mit den Thesen Nikolaus Kopernikus’ (1473-1543) und seinem Hauptwerk ›De revolutionibus orbium coelestium libri VI‹ von 1543 bekannt gemacht und zeitlebens für die Astronomie begeistert. Mit Keplers neuen Grundlagen des heliozentrischen Systems beginnt die Astronomie als Naturwissenschaft im modernen Sinne, getrennt von theologischer Dogmatik, geleitet durch exakte Beobachtung der Gestirne, möglichst einfache mathematische Modellierung und Begründung der Himmelserscheinungen aus astrophysikalischen Ursachen. Was in Tübingen und Keplers erster Anstellung in Graz im ›Mysterium Cosmographicum‹ noch unter falschen spekulativen Annahmen begann, führte 1609 und 1619 schließlich zur Entdeckung der drei ›Keplerschen Gesetze‹:

  1. Die Planetenumlaufbahnen sind stets Ellipsen, in deren einem Brennpunkt die Sonne steht.
  2. Die Verbindungslinie Sonne \longleftrightarrow Planet überstreicht während des Umlaufs um die Sonne in gleichen Zeiträumen gleich große Flächenanteile der Ellipse.
  3. Für die Umlaufzeiten t1t_1 und t2t_2 zweier Planeten und ihre mittleren Abstände von der Sonne (d.h. die großen Ellipsenhalbachsen) a1a_1 und a2a_2 gilt t12t22= a13a23{t_1^2 \over t_2^2} = {\ a_1^3 \over a_2^3}.

Aus dem ersten Gesetz folgt insbesondere, dass die Planetenbahnen in Ebenen eingebettet sind, die durch den Mittelpunkt der Sonne gehen. Aus dem zweiten Gesetz folgt insbesondere, dass der Planet auf seiner Bahn zum sonnennächsten Punkt (Perihel) hin beschleunigt, zum sonnenfernsten Punkt (Aphel) verlangsamt; damit war das antike Dogma gleichförmiger Kreisbewegungen widerlegt. Aus dem dritten Gesetz folgt insbesondere, dass äußere Planeten langsamer laufen als innere und dass t2a3=consts{t^2 \over a^3}= const_s im Planetensystem S (Kepler-Konstante; analog für einen Planeten und seine Monde).

Als physikalische Ursache der Planetenbewegungen vermutete Kepler magnetische Kräfte, deren Wirkung umgekehrt proportional zur Entfernung abnehmen sollte; erst 1687 gelang Isaac Newton (1643-1727) mit der Gravitation die Vervollständigung der ›Keplerschen Gesetze‹.

Wie Hölderlin verpflichtete sich auch Kepler durch das herzogliche Stipendium zum Theologen; beim tief religiösen Kepler geschah dies aus eigenem Antrieb und es war lange sein Herzenswunsch, Pfarrer zu werden. Beide wurden es jedoch nicht, Hölderlin aus Widerwillen gegen den Pfarrersberuf (»Galeere der Theologie«), Kepler wegen lebenslangen Verdachts kryptocalvinistischer, antilutherischer Gesinnung (»verschlagener Calvinist«11), der ihm auch eine Rückkehr nach Württemberg vereitelte, das aufgrund seiner Orthodoxie als ›lutherisch Spanien‹ galt.

Eine Stein-Büste von Johannes Kepler vor einer Marmortafel mit Keplers Gesetzen und einer runden Marmorplatte.
Kepler-Denkmal im Stadtpark Graz

Von 1963 von Alfred Pirker (1910–1986), 1989 ergänzt um die ›Keplerschen Gesetze‹. Die Säule ist beschriftet ›JOHANNES | KEPLER | LEHRTE IN GRAZ | 1594–1600‹. Auf der waage­rechten Granit­platte symbolisiert die größere metallene Halbkugel die Sonne, die in einem der beiden Brennpunkte der elliptischen Bahn steht, welche der Planet, die kleinere Halb­kugel am hinteren Rand, durchläuft. Die hier abwechselnd hell- und dunkelgrau gefärbten zwölf Segmente haben gleichen Flächeninhalt, ihr gekrümmter Rand wird in je einem Zwölftel der gesamten Umlaufzeit des Planeten durchlaufen.

Genau 200 Jahre nach Keplers Eintritt in das Tübinger Stift widmete ihm der Stiftler Hölderlin eine bewundernde Ode. Allgemein wird angenommen,12 dass er die Anregung durch das Gedenkstätten-Projekt Johann Jakob Atzels (1754-1816) in der von seinem Freund Friedrich Schiller (1759-1805) herausgegebenen Zeitschrift ›Wirtembergisches Repertorium der Litteratur‹ erhielt, zu dem Schiller einige Inschriften für Denkmäler, insbesondere auch für Kepler »in einer einsamen melancholischen Gegend«, beigesteuert hatte.13 Schillers Zeitschrift befand sich damals zwar nicht im Bestand der Stiftsbibliothek,14 dass Hölderlin auf anderem Wege von ihr Kenntnis erhielt, ist dennoch wahrscheinlich. Schillers Text lautete:

IOANNES KEPPLERVS
FORTVNA MAIOR
NEVTONI
PER SIDERA
DVCTOR

Schillers Vorschlag für eine Denkmalinschrift. Aus: Schreiben über einen Versuch in Grabdenkmälern nebst Proben, in: Wirtembergisches Repertorium der Litteratur, Bd. 1 (1782/83), S. 217-224.

Johannes Kepler, durch glückliche Fügung Newton ein recht bedeutsamer Führer durch den Sternenhimmel. Er nimmt Bezug auf die Beschreibung eines Bildnisses in Atzels Entwurf, »Newton folgt der Fakel nach, die ihm Keppler darhält«. Die Gedenkstätten gelangten nie zur Ausführung.

Eine zweite Anregung ist nicht minder wahrscheinlich. Hölderlins Studienfreund Georg Friedrich Wilhelm Hegel (1770-1831) hatte schon als Stuttgarter Gymnasiast Abraham Gotthelf Kästner (1717-1800) gelesen, erster mathematikgeschichtlicher Biograf Keplers. In seinen ›Vermischten Schriften‹ ist ein Kepler-Epigramm abgedruckt:15

Auf Keplern.
So hoch war noch kein Sterblicher gestiegen,
Als Kepler stieg === und starb in Hungersnoth. *)
Er wuste nur die Geister zu vergnügen,
Drum ließen ihn die Körper ohne Brod.

*) Auf einer Reise, die er thun mußte, um allergnädigste Aus=
zahlung rückständiger Besoldung allerunterthänigst anzuhalten.

Hegel schrieb darüber am 8. Juni 1785 aus »Mathematikhausen um ½12 Uhr« an einen Schulfreund: »Ich will dir neml. meinem neulichen Versprechen gemäs das Epigramm des HE. Kästners auf Kepplern mittheilen. Hier ist es also: [...] Wie sticht hier nicht der unerschopfliche Wiz Kästners so sichtbarlich heraus, der sich sonst mit mathematischen Köpfen sowenig verträgt.«16 Es liegt nahe, dass Hegel mit seinem Freund Hölderlin über seine Mathematik- und Astronomie-Interessen und auch Kepler gesprochen hat.

Auch der Beginn der französischen Revolution (1789-1799) mag ein Aspekt für die Entstehung der Kepler-Ode gewesen sein, denn in Tübingen erhofften sich Hölderlin und andere Gebildete enthusiastisch eine grundlegende geistige Erneuerung der Verhältnisse in Gesellschaft und Politik,17 wie Kepler sie ehemals für die Astronomie eingeleitet hatte. Hölderlins Gedicht ›Keppler.‹ ist jedenfalls der Beginn der deutschen literarischen Beschäftigung mit dem Mathematiker und Astronom jenseits der Gelegenheitsdichtung des 18. Jahrhunderts.

So werden auch die nachfolgenden Tübinger Studenten und späteren Schriftsteller Justinus Kerner (1786-1862) 1812, Eduard Mörike (1804-1875) 1837 und Karl Gerok (1815-1890) 1870 Kepler in Gedichten ihre Reverenz erweisen und im Laufe des 19. Jahrhunderts kommen weitere literarische Gattungen hinzu, Romane, Erzählungen und Theaterstücke, auch über Keplers Mutter Katharina (1547-1622) und ihren Hexenprozess.

Warum Hölderlins Gedichthandschrift in zwei getrennten Teilen überliefert wurde, ist unklar. Das erste Blatt mit den Versen 1-24 befindet sich heute im Deutschen Literaturarchiv Marbach, das zweite Blatt im Freien Deutschen Hochstift Frankfurt. Entwurfsfassungen sind nicht überliefert. Die Abschrift des Gedichts ›Keppler.‹ hatte Hölderlin 1790 auf drei ineinanderliegenden Oktavdoppelblättern angefertigt, zusammen mit den Gedichten ›Hymne an die Muse.‹, ›Gustav Adolf.‹, ›An Thills Grab.‹, ›Männerjubel.‹ und ›Mein Vorsaz.‹. Sie waren wahrscheinlich bestimmt für Christian Friedrich Daniel Schubart (1739-1791) oder Gotthold Friedrich Stäudlin (1758-1796), die beide junge württembergische Talente förderten und in ihren Zeitschriften ›Vaterländische Chronik‹ und ›Schwäbischer Musenalmanach‹ publizierten.

Das Konvolut, aus dem danach zwei der sechs Blätter zeitweilig verschollen waren, wird 1845 erwähnt von Christoph Theodor Schwab (1821-1883) bei der Vorbereitung der Gesamtausgabe von Hölderlins Werken; er bestätigt dem bedeutenden Heilbronner Autographensammler Carl Künzel (1808-1877), vier Gedichte in Empfang genommen zu haben. Die heute noch im Original vorhandenen Blätter und das Faksimile ›Männerjubel.‹ sind in der Frankfurter Hölderlin-Ausgabe abgedruckt; die ›Hymne an die Muse.‹, von der man nur den Titel aus dem von Hölderlins Halbbruder Karl Gok (1776-1849) angelegten Gedichtverzeichnis kennt, scheint für immer verloren.18

Mörike, der das zweite Blatt mit einem Testat versah, hatte schon als Student Hölderlin im Turm besucht und Gedichte kopiert, später auch bearbeitet, besaß selbst originale Handschriften und half Schwab bei der Hölderlin-Gesamtausgabe.19 Der Doktortitel als Namenszusatz verweist auf eine Testierung nach seiner Verleihung ›honoris causa‹ von der Philosophischen Fakultät der Universität Tübingen am 5. August 1852. Mörike hatte das Testat für Künzel angefertigt, mit dem er öfter in Kontakt und schließlich befreundet war.20 Warum dies erst nach Erscheinen der Hölderlin-Ausgabe geschah, ist unklar. Künzel konnte später die zwei zuvor fehlenden Blätter zukaufen.

Ein Bild von Johannes Kepler. Er hat Locken und trägt einen runden Spitzen-Kragen um den Hals.
Johannes Kepler

Holzstich von Max Isaac Michael (auch Max Ma[e]yer; 1823–1891) nach dem sog. Pulkower Portrait. Trotz seines Alters von über 26 Jahren, der Veröffentlichung seines ersten Werkes ›Mysterium Cosmographicum‹ 1596 und der ersten Heirat 1597 wirkt Kepler hier noch wie ein Student und Tübinger Stiftler, ein Beispiel für den Typus des jugendlichen Genies in der Kepler-Ikonographie des 19. Jahrhunderts.

Aus: Kepler-Denkmal, in: Freya, Illustrirte Blätter für die gebildete Welt, Bd. 5 (1865), S. 124–125.

Nach Künzels Tod ging die Sammlung auf seinen Neffen Wilhelm Künzel (1819-1896) über, selbst Autographensammler. Nach dessen Tod wurde sie bei List & Francke in Leipzig sukzessive versteigert, jedoch ohne die Blätter aus den Hölderlinschen Abschriften, die vorher schon abgegeben worden sein mussten. Diese gelangten später separiert, wohl um sie mit größerem Gewinn zu veräußern, auf andere Auktionen; der erste Teil des Gedichts kam so auf der Versteigerung Nr. 36 des Berliner Antiquariats Leo Liepmannssohn am 24. November 1906 in Marbacher Besitz, der zweite Teil über einen Ankauf aus dem Antiquariatskatalog Nr. 39 der Münchner Firma J. Halle 1907 nach Frankfurt.21

Hölderlins Ode ›Keppler.‹

Ein handbeschriebenes altes Papier mit den ersten 6 Strophen von Hölderlins Gedicht ›Keppler.‹.

Erstes Blatt aus dem Deutschen Literaturarchiv Marbach

Links oben von fremder Hand »26)«, am unteren Rand Vermerk »Hölderlin« von Carl Künzel, jedoch sehr schwach und kaum mehr erkennbar.

Ein handbeschriebenes altes Papier mit den letzten 3 Strophen von Hölderlins Gedicht ›Keppler.‹ und dem Anfang seines Gedichts ›An Thills Grab.‹.

Zweites Blatt aus dem Freien Deutschen Hochstift Frankfurt

Es enthält auch die ersten beiden Strophen von ›An Thills Grab.‹. Links oben und in der Mitte links von fremder Hand jeweils »printed« hinzugefügt, rechts oben Vermerk Mörikes: »Fried Hölderlins Handschrift, deren Ächtheit T. Dr. Ed. Mörike.«; ›T.‹ für »testatur«, möglicherweise auch »Tübingen«.

Keppler. 1789.

Unter den Sternen ergehet sich
Mein Geist, die Gefilde des Uranus
Überhin schwebt er und sinnt; einsam ist
Und gewagt, ehernen Tritt heischet die Bahn.

Wandle mit Kraft, wie der Held, einher!
Erhebe die Miene! doch nicht zu stolz,
Denn es naht, siehe es naht, hoch herab
Vom Gefild, wo der Triumf jubelt, der Mann,

Welcher den Denker in Albion,
Den Späher des Himmels um Mitternacht
Ins Gefild tiefern Beschauns leitete,
Und voran leuchtend sich wagt’ ins Labyrinth,

Daß der erhabenen Themse Stolz
Im Geiste sich beugend vor seinem Grab,
Ins Gefild würdigern Lohns nach ihm rief:
»Du begannst, Suevias Sohn! wo es dem Blik

Aller Jahrtausende schwindelte;
Und ha! ich vollende, was du begannst,
Denn voran leuchtetest du, Herrlicher!
Im Labyrinth, Stralen beschwurst du in die Nacht.

Möge verzehren des Lebens Mark
Die Flamm’ in der Brust – ich ereile dich,
Ich vollends! denn sie ist groß, ernst und groß,
Deine Bahn, höhnet des Golds, lohnet sich selbst.«

Wonne Walhallas! und ihn gebahr
Mein Vaterland? ihn, den die Themse pries?
Der zuerst ins Labyrinth Stralen schuf,
Und den Pfad, hin an dem Pol, wies dem Gestirn.

Heklas Gedonner vergäß’ ich so,
Und, gieng’ ich auf Ottern, ich bebte nicht
In dem Stolz, daß er aus dir, Suevia!
Sich erhub, unser der Dank Albions ist.

Mutter der Redlichen! Suevia!
Du stille! dir jauchzen Aeonen zu
Du erzogst Männer des Lichts ohne Zal,
Des Geschlechts Mund, das da kommt, huldiget dir.

Auf den Spuren großer Vorbilder - Ein Kommentar von Hans Joachim Albinus

Hölderlin hat sich für sein Kepler-Gedicht ein schwieriges Vers- und Strophenmaß ausgesucht, eine Odenform, die erst wenige Jahre zuvor der von ihm bewunderte Friedrich Gottlieb Klopstock (1724-1803) unter viel Beachtung in die deutsche Dichtung eingeführt hatte, weil man die deutsche Sprache als ungeeignet für die antiken Formen erachtete. Klopstock ist auch Vorbild für Hölderlins insgeheim angestrebten Lebensentwurf einer auskömmlichen Existenz als Dichter jenseits des Pfarrerberufs; jener bekam für sein Odenwerk ›Der Messias I-XX‹ (1748-1773) vom dänischen König Friedrich V. (1723; 1746-1766) eine jährliche Rente von anfangs 400, dann 800 Talern.

Das Versmaß übernimmt Hölderlin von Klopstocks Oden ›Siona‹ (1764), ›Stintenburg‹ (1767) und ›Die deutsche Sprache‹ (1783), auch der Stil ist von Klopstock beeinflusst:22

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Thematisch und formal ist das Gedicht interessant, zeigt es doch Hölderlins Beschäftigung mit Leben und Werk Keplers sowie mit Mathematik und Astronomie.

Das Gedicht hat neun Strophen zu je vier Versen; der erste Vers stets neun, der zweite und dritte zehn und der vierte elf Silben. Jede Strophe misst somit 40 Silben. Es zeigt sich hier schon Hölderlins Neigung zu jahreszeitlichen und astronomischen Themen, zum Beispiel der Einheit von Himmel und Erde, regelmäßigen Zyklen in Kalender und Jahreslauf, kontrastierenden singulären Konstellationen, Gedanken, die auch in der ganzheitlichen Sicht auf die Welt in Keplers ›Harmonices Mundi‹ von 1619 eine Rolle spielen. Die 9 ×\times 4 = 36 = 3 ×\times 12 Verse beziehen sich formal auch auf die drei Protagonisten (Hölderlin, Kepler, Newton) und den Jahreslauf (vier Jahreszeiten, zwölf Monate), die 9 ×\times 40 = 360 Silben auf den ganzen Himmels- und Erdkreis (360°).

In den ersten beiden Strophen spricht Hölderlin seine eigene Situation an. Kraftvoll will er hoch hinaus, bis zu den Sternen, dem Bereich des Göttlichen, ewig Wahren, von dem man Himmel und Erde überblickt. In des Uranus – erst 1781 von den Geschwistern Friedrich Wilhelm (1738-1822) und Caroline (1750-1848) Herschel entdeckt und Kepler noch unbekannt – also damals äußerste und gefährlichste Bahn wagt sich sein Denken, so wie Kepler 1596 bis zum Saturn zur Erklärung seines ersten Weltmodells ›Mysterium Cosmographicum‹ auf Basis der mit ihren In- und Umkugeln ineinander geschachtelten fünf ›Platonischen Körper‹.23

Kepler überwand es später selbst durch seine drei Gesetze der Planetenbewegung. Er brachte damit endgültig Licht in die Unkenntnis und das labyrinthische Dunkel aus falschen Theorien – nämlich der antiken ptolemäischen, der kopernikanischen und der braheschen24 sowie seiner früheren eigenen – und führte so voranleuchtend die nachkommenden Astronomen auf den richtigen Weg zu den Gestirnen, das Motiv aus Atzels und Schillers Entwurf für ein Kepler-Denkmal (3. und 5. Strophe).

Kepler kannte jedoch die tiefere Ursache der Planetenbewegungen noch nicht und erst Newton, der Denker in England (»Albion«), dem Land an der Themse, der in der 4.-6. Strophe zu uns und zu Kepler spricht, fand die wahre Ursache, welche die astronomischen Gesetze seines Vorgängers aus Schwaben (»Suevia«) vervollständigte und ihre Richtigkeit bestätigte,25 ihn dadurch aber auch in Vergessenheit geraten ließ.

In der 6. Strophe – Keplers »Bahn, höhnet des Golds, lohnet sich selbst« – wird Keplers ausstehende kaiserliche Besoldung angesprochen,26 das Motiv aus Kästners Kepler-Epigramm, das die Romantik stilisierte bis zu Keplers Tod in vermeintlich völliger Mittellosigkeit.

In der 7.-9. Strophe schließlich scheint bereits die weitere Kepler-Rezeption des 19. Jahrhunderts auf. In der politischen und wirtschaftlichen Bedeutungslosigkeit der deutschen Kleinstaaterei sollten durch ihre Leistungen bedeutende Männer und Frauen das einigende Band eines deutschen Nationalstolzes bilden. Walhalla, die nordisch-mythologische Ruhestätte gefallener tapferer Kämpfer, sollte nicht nur wie bei Hölderlin symbolisch-geistig bestehen, sondern wurde 1842 bei Regensburg als Gedenkstätte bedeutender Persönlichkeiten »deutscher Zunge« mit Marmorbüsten und Gedenktafeln als griechischer Tempel nach dem Vorbild des Parthenon in Athen erbaut. Kepler, den Hölderlin in der 7. Strophe noch auf Grundlage klassischer geometrischer Methoden den Planeten ihre elliptischen Pfade um den ruhenden Pol der Sonne zuweisen (›1. Keplersches Gesetz‹) und die Verbindungsstrahlen Planet \longleftrightarrow Sonne (»Pol«) mit der veränderlichen Umlaufgeschwindigkeit in Beziehung bringen lässt (›2. Keplersches Gesetz‹), wurde jedenfalls in Form einer Büste ein Platz in der Walhalla zuteil.27

Der Stolz auf Keplers Leistung, die ihm Vorbild ist und auf seine württembergische Bildung (»Suevia«), in der er ihm nachfolgt, lässt Hölderlin in der 8. Strophe die Furcht vor eigenem Scheitern vergessen, versinnbildlicht durch das Tor zur Hölle, der Sage nach der Vulkan Hekla auf Island, und die Giftschlangen, die Ottern; er spricht sich nochmals selbst Mut zu. Hölderlin sollte jedoch – anders als seinen literarischen Vorbildern Klopstock und Schiller – kein Platz in der Walhalla beschieden sein, er war dem 19. Jahrhundert zu wenig Identifikationsgestalt, zu wenig heroisch, zu wenig geradlinig und sein Leben in der zweiten Hälfte ab 1807 durch die ihm diagnostizierte unheilbare Krankheit überschattet. Erst verspätet, wie zuvor schon bei Kepler, hat man seine Bedeutung gewürdigt.

Das Gedicht wurde erst nach Hölderlins Tod in der von seinem Biografen Schwab herausgegebenen ersten Ausgabe sämtlicher Werke veröffentlicht.28 Es wurde vorher wohl stets als jugendliches Frühwerk eines Abdrucks nicht wert angesehen, die Manuskriptseiten hatte man nicht beieinander gelassen, auch im 20. Jahrhundert wurde es nicht besonders hoch geschätzt. »Daß der Engländer Newton auf dem Fundament des Schwaben Keplers steht, reißt den etwa achtzehnjährigen Hölderlin zu begeisterten, nebelhaften und etwas arroganten Versen hin«, schreibt zum Beispiel Esther Hammer (1921-2011),29 was aber dem Gedicht selbst weder formal noch inhaltlich und auch Hölderlins Intentionen nicht gerecht wird.

»Wir durchlaufen alle eine exzentrische Bahn, und es ist kein anderer Weg möglich von der Kindheit zur Vollendung«,30

heißt es als Lebensprinzip des Menschlichen 1795/96 im Vorwort der vorletzten Fassung von Hölderlins Briefroman ›Hyperion‹.31 Exzentrisch bedeutet hier abweichend von der Kreisform, mal beschleunigend, mal retardierend wie im Planetenlauf aufgrund der ›Keplerschen Gesetze‹, unregelmäßig und unvollkommen, so wie die Ellipsen in der Antike angesehen wurden, die sich aber letztlich als die mathematisch korrekten Bahnen der Planeten herausstellten.

Über den Autor

Porträt von Hans-Joachim Albinus

Hans-Joachim Albinus

Hans-Joachim Albinus (*1952) studierte Mathematik und Geographie an der Ruhr-Universität Bochum sowie Informatik an der Fernuniversität Hagen. Nach verschiedenen Stationen in der Wissenschafts- und Innenverwaltung in Nordrhein-Westfalen, Hessen und Baden-Württemberg war er bis 2020 Ministerialrat im Innenministerium Baden-Württemberg. Er wohnt in Leonberg und beschäftigt sich dort mit Leben und Werk Johannes Keplers, ist Mitglied der Kepler-Gesellschaft, bietet ehrenamtlich Vorträge und Stadtführungen zu Kepler an. Zuletzt erschien von ihm ›Johannes Keplers Rolle im Hexenprozess seiner Mutter Katharina‹ im Katalog ›Himmelwärts. 450 Jahre Johannes Kepler‹ (Ausstellung im Stuttgarter Haus der Wirtschaft 2022).

  1. Vgl. Ute Schönwitz: Ich bin sehr schön logiert. Literarische Geschichten aus Leonberg. Warmbronner Anstöße, Bd. 3, Warmbronn 2011, S. 33–44; Ulrich Keicher: Schlummert sanft ihr modernde Gebeine. Leonberger Literaturgeschichte vom Mittelalter bis heute. Beiträge zur Stadtgeschichte, Bd. 2, Stadtarchiv Leonberg 1994, S. 40–46; Hölderlin. Eine Chronik in Text und Bild, hrsg. von Adolf Beck und Paul Raabe, Schriften der Hölderlin-Gesellschaft, Bd. 6–7, Frankfurt 1970, S. 346.
  2. Zu Keplers Leben und Werk vgl. z.B. Max Caspar: Johannes Kepler, hrsg. von der Kepler-Gesellschaft, Stuttgart 2019, 5.A. sowie speziell zur Zeit in Leonberg Eberhard Walz: Johannes Kepler Leomontanus. Gehorsamer Underthan und Burgerssohn von Löwenberg. Beiträge zur Stadtgeschichte, Bd. 3, Stadtarchiv Leonberg 1994.
  3. Vgl. Stiftsköpfe, hrsg. von Volker Henning Drecoll, Juliane Baur und Wolfgang Schöllkopf, Tübingen 2012; Ernst Müller, Theodor Haering und Hermann Haering: Stiftsköpfe. Schwäbische Ahnen des deutschen Geistes aus dem Tübinger Stift, Heilbronn 1938.
  4. Vgl. Michael Franz: Das Höhere Bildungswesen des Herzogtums Württemberg im 18. Jahrhundert, in: Materialien zum bildungsgeschichtlichen Hintergrund von Hölderlin, Hegel und Schelling, Bd. 1 (»… so hat mir / Das Kloster etwas genüzet«. Hölderlins und Schellings Schulbildung in der Nürtinger Lateinschule und den württembergischen Klosterschulen), hrsg. von Michael Franz und Wilhelm G. Jacobs, Schriften der Hölderlin-Gesellschaft, Bd. 23/1, Eggingen 2004, S. 11–36; Michael Franz: Das Magisterstudium der Philosophie in Tübingen um 1790, in: Materialien zum bildungsgeschichtlichen Hintergrund von Hölderlin, Hegel und Schelling, Bd. 2 (»… im Reiche des Wissens cavalieremente?«. Hölderlins, Hegels und Schellings Philosophiestudium an der Universität Tübingen), hrsg. von Michael Franz, Schriften der Hölderlin-Gesellschaft, Bd. 23/2, Eggingen 2005, S. 11–23.
  5. Am bekanntesten ist sein selbst verfasstes Epitaph »Mensus eram coelos, nunc terrae metior umbras. | Mens coelestis erat, corporis umbra iacet.«, ein elegisches Distichon (Ich habe [hatte] die Himmel gemessen, nun messe ich der Erde Schatten. War auf den Himmel gerichtet mein Geist, liegt hier des Körpers Schatten.). Vgl. Johannes Kepler: Sämtliche Gedichte, hrsg. und kommentiert von Friedrich Seck, übersetzt von Monika Balzert, Bd. 180, Hildesheim 2020, 2.A.; Friedrich Seck: Johannes Kepler als Dichter, in: Internationales Kepler-Symposium Weil der Stadt 1971, hrsg. von Fritz Kraft, Karl Meyer und Bernhard Sticker, Beiträge zur Wissenschaftsgeschichte, Reihe A, Abhandlungen, Bd. 1, Hildesheim 1973, S. 427-451.
  6. Vgl. Johannes Kepler: Gesammelte Werke, 22 Bde (in 26), hrsg. von Max Caspar u.a., München 1937-2017 (= KGW), hier in Bd. 11.2 (= KGW 11.2) und 12 (= KGW 12).
  7. Vgl. Johannes Kepler: Der Traum oder Mond-Astronomie, aus dem Lateinischen von Hans Bungarten, hrsg. und mit einem Leitfaden für Mondreisende von Beatrix Langner, Berlin 2012, 2.A.
  8. Vgl. Friedrich Hölderlin: Sämtliche Werke und Briefe, 3 Bde, hrsg. von Michael Knaupp, München 2019, 2.A. (= Münchner Ausgabe = MA), hier in Bd. 3 (= MA 3), S. 475–476.
  9. Vgl. Theodor Schmidt-Kaler: Hölderlin und die Astronomie, in: Beiträge zur Astronomiegeschichte, Bd. 2 (1999, 2.A. 2002), S. 122–127; Alexander Honold: Krumme Linie, exzentrische Bahn. Hölderlin und die Astronomie, in: Erschriebene Natur, Internationale Perspektiven auf Texte des 18. Jahrhunderts, hrsg. von Michael Scheffel, Jahrbuch für Internationale Germanistik, Reihe A, Bd. 66, Bern 2001, S. 309–333.
  10. Vgl. MA 2, S. 451–452 (dort fälschlich »Seiffert«); Paul Ziche und Petr Rezvykh: Sygkepleriazein. Schelling und die Kepler-Rezeption im 19. Jahrhundert, Schellingiana Bd. 21, Stuttgart 2013, S. 35–41; Beck und Raabe, S. 19.
  11. Vgl. Franz Hammer: Keplers Bemühungen um eine Professur in Tübingen, in: Schwäbische Heimat, Bd. 22 (1971), S. 209-218.
  12. Vgl. MA 3, S. 52 (mit falscher Übersetzung); Friedrich Hölderlin: Sämtliche Werke, 20 Bde (in 23), hrsg. von D.E. Sattler, Frankfurt 1975–2008 (= Frankfurter Ausgabe = FHA), hier in Bd. 1 (= FHA 1) (Gedichte 1784–1789, Stammbuchblätter und Widmungen I), S. 447–450; Friedrich Siegmund-Schultze: Der junge Hölderlin. Analytischer Versuch über sein Leben und Dichten bis zum Schluß des ersten Tübinger Jahres. Sprache und Kultur der germanischen und romanischen Völker, B (Germanische Reihe), Bd. 32, Breslau 1939, S. 104–105.
  13. Vgl. MA 3, S. 52.
  14. Auskunft des Tübinger Stifts vom 23. April 2021.
  15. Vgl. Abraham Gotthelf Kästner: Vermischte Schriften. Altenburg 1783, 3.A., Bd. 1, S. 175 (auch in früheren Auflagen).
  16. Vgl. Der junge Hegel in Stuttgart. Aufsätze und Tagebuchaufzeichnungen 1785–1788, hrsg. von Friedhelm Nicolin, Marbacher Schriften, Bd. 3, Marbach/Neckar 1970, S. 29–30, 88–89.
  17. Vgl. Martin Brecht: Hölderlin und das Tübinger Stift 1788–1793, in: Hölderlin-Jahrbuch, Bd. 18 (1973/74), S. 20–48; Wolfgang Schöllkopf: »Stimmung äußerst democratisch«. Die Nachbarn Evangelisches Stift und Burse in Tübingen zur Zeit der Französischen Revolution, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche, Bd. 100 (2003), S. 199–222; Uwe Jens Wandel: Verdacht von Democratismus? Studien zur Geschichte von Stadt und Universität Tübingen im Zeitalter der Französischen Revolution, Bd. 31, Tübingen 1981, S. 47–68.
  18. Vgl. FHA 1, S. 231–237, 329–332, 435–439, 447–450, 513–516, 517–521; FHA 20, S. 31–32.
  19. Vgl. Katalog der Hölderlin-Handschriften, auf Grund der Vorarbeiten von Irene Koschlig-Wiem bearbeitet von Johanne Autenrieth und Alfred Kelletat. Veröffentlichungen des Hölderlin-Archivs, Bd. 3, Stuttgart 1961, S. 3–4, 36–41; Eduard Mörike: Werke und Briefe, 19 Bde (in 24), hrsg. von Hans-Henrik Krummacher u.a., Stuttgart 1967–2008, hier in Bd. 9.3 (Bearbeitung fremder Werke, Kritische Beratungen), S. 102–116; MA 1, S. 252 und MA 2, S. 133–134.
  20. Vgl. z.B. Mörike, Bd. 16 (Briefe 1851–1856), S. 98–99, 469–472 und Bd. 19.1 (Briefe 1868–1875), S. 129–130, 558–561; Emil Michelmann: Carl Künzel, ein Sammler-Genie aus dem Schwabenland, Stuttgart 1938, S. 75–79, Frontispiz (Fotografie Künzels aus Mörikes Besitz).
  21. Vgl. Katalog Hölderlin-Handschriften, S. 108, 120; Auskünfte des Deutschen Literaturarchivs Marbach und des Freien Deutschen Hochstifts Frankfurt jeweils vom 14. April 2022.
  22. Vgl. MA 3, S. 52.
  23. Vgl. KGW 1, Abb. nach S. 26, KGW 8, Abb. nach S. 48.
  24. Tycho Brahe (1546–1601) war kaiserlicher Astronom am Hof Rudolfs II. (1552; 1576–1611; 1612); Kepler wurde 1600 zuerst sein Assistent, später sein Amtsnachfolger. Brahe vertrat ein zwischen Ptolemäus und Kopernikus vermittelndes Modell mit der Erde im Mittelpunkt, von Mond und Sonne umkreist, um die wiederum die restlichen Planeten laufen.
  25. Keplers Zeitgenossen blieben ihm die verdiente wissenschaftliche Anerkennung weitgehend schuldig. Sein Nachfolger als kaiserlicher Hofmathematiker wurde 1633 der Katholik und Jesuit Athanasius Kircher (1602–1680), der das Weltbild Keplers Amtsvorgängers Brahe vertrat.
  26. 1628 waren beim Wechsel Keplers aus den kaiserlichen Diensten zu Herzog Albrecht von Wallenstein (1583–1634) noch 11.817 Gulden Besoldung offen (~960.000 € nach heutigem Wert, an Kaufkraft vermutlich das Vierfache). Seine Witwe Susanna (1589–1636) bekam 1633 eine Obligation der kaiserlichen Hofbuchhaltung über 12.694 Gulden und 13 Kreuzer (incl. Zinsen), die jedoch von den Nachkommen nie eingelöst werden konnte.
  27. Pikanterweise gestaltet nach einem Kepler-Gemälde, das um 1810 in Regensburg gefunden und Anfang des 20. Jahrhunderts als falsch erkannt wurde; es zeigt in Wirklichkeit Herzog Ludwig X. von Bayern-Landshut (1495; 1514–1545), vgl. Ernst Zinner: Die Kepler-Bildnisse, in: Kepler-Festschrift, Bd. 1 [mehr nicht erschienen], hrsg. von Karl Stöckl, Berichte des Naturwissenschaftlichen Vereins zu Regensburg, Bd. 29 (1928/30), S. 337–346.
  28. Vgl. Friedrich Hölderlin: Sämmtliche Werke, hrsg. von Christoph Theodor Schwab, Bd. 2, Stuttgart 1846, S. 167–168.
  29. Vgl. Esther Hammer: Kepler als Gegenstand deutscher Dichtung, in: Berichte und Mitteilungen des Heimatvereins Weil der Stadt, Bd. 22 (1971), Nr. 2–4, S. 9–13.
  30. Vgl. MA 1, S. 557–559; Wolfgang Schadewaldt: Das Bild der exzentrischen Bahn bei Hölderlin, in: Hölderlin-Jahrbuch, Bd. 6 (1952), S. 1–16.
  31. Hyperion, ›der oben Gehende, der in der Höhe Wandelnde‹, in der griechischen Mythologie einer der Titanen, Sohn des Uranos (Himmel) und der Gaia (Erde); auch Name des 1848 entdeckten achten Saturnmondes.
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