Tübinger Turmvorträge
Rüdiger Görner - Hölderlins Klagen um Tempora
Zeit-Kritik eines Dichters.
Wie Hölderlins Menon klagt, im Begriff seine Diotima zu verlieren, so klagt als elegischer Urheber der Dichter selbst über die Zeitverhältnisse, sprich: über sein Verhältnis zu ihr und die Beziehung der Zeit zu ihm. Die Zeit als Katalysator des Wandels, die der Künstler in seinem Verwandeln simuliert, als Bringer von Verlusten und als vergänglich-dauerndes Medium, durch das sich Zeichen aus Zukunft setzen – diese temporalen Qualitäten gehören zum poetischen Material. Neben allen mittelbaren oder expliziten Reflexionen von Zeitwerten, geschichtlich-politische eingeschlossen, blieb für Hölderlin das Versmaß der entscheidende Indikator für sein Zeitgefühl. Poetisch gesagt: Verfügte man über Hölderlins Uhr, man fände dann, dass sie wäre nach Metrum eingestellt war. Dieser Turmvortrag widmet sich der Deutung einzelner Aspekte solcher Zeit-Kritik im Werk Hölderlins, deren Brisanz ihn zum poetisch-bleibenden Zeitzeugen und Zeitgenossen macht.
Rüdiger Görner geboren 1957 in Rottweil, ist Professor für Neuere Deutsche und vergleichende Literatur an der Queen Mary University of London. Er ist Gründer des Ingeborg Bachmann Centre for Austrian Literature und Gründungsdirektor des Centre for Anglo-German Cultural Relations. Er ist Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung und erhielt den Deutschen Sprachpreis der Henning Kaufmann-Stiftung sowie den Reimar Lüst-Preis der Alexander-von-Humboldt-Stiftung. Rüdiger Görner ist Träger des Bundesverdienstkreuzes der Bundesrepublik Deutschland. Zuletzt erschien Romantik. Ein europäisches Ereignis. Stuttgart 2021 und Hölderlin and the Consequences. An Essay on the German Poet of Poets. London 2021
Eine Veranstaltung der Hölderlin-Gesellschaft in Kooperation mit dem Museum Hölderlinturm
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