Hölderlin im Stimmungsbarometer
Und wie sieht es mit Hölderlins Stimmung kurz nach seiner Ankunft in Bordeaux aus?
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Brief an die Mutter. Bordeaux, den 28. Januar 1802
Endlich, meine Mutter, bin ich hier, bin wohl aufgenommen, bin gesund und will den Dank ja nicht vergessen, den ich dem Herrn des Lebens und des Todes schuldig bin. – Ich kann für jezt nur wenig schreiben; diesen Morgen bin ich angekommen, und meine Aufmerksamkeit ist noch zu sehr auf meine neue Lage gerichtet, um mit Ruhe Ihnen einiges Interessante von der überstandenen Reise zu sagen. Überdiß hab‘ ich so viel erfahren, daß ich kaum noch reden kann davon.
Diese letzten Tage bin ich schon in Einem schönen Frühlinge gewandert, aber kurz zuvor, auf den gefürchteten überschneiten Höhen der Auvergne, in Sturm und Wildniß, in eiskalter Nacht und die geladene Pistole neben mir im rauhen Bette – da hab‘ ich auch ein Gebet gebetet, das bis jezt das beste war in meinem Leben und das ich nie vergessen werde.
Ich bin erhalten – danken Sie mit mir!
Ihr Lieben! ich grüßt‘ Euch wie ein Neugeborner, da ich aus den Lebensgefahren heraus war [...] Ich bin nun durch und durch gehärtet und geweiht, wie Ihr es wollt. Ich denke, ich will so bleiben, in der Hauptsache. Nichts fürchten und sich viel gefallen lassen. Wie wird mir der sichere erquikende Schlaf wohl thun! Fast wohn‘ ich zu herrlich. Ich wäre froh an sicherer Einfalt. Mein Geschäfft soll, wie ich hoffe, gut gehn. Ich will mich ganz dem wiedmen, besonders von Anfang. Lebet wohl! Von Herzen und mit Treue
Sehnsucht
Unzufriedenheit
Freude
Angst
Heimweh
Unsicherheit
Neugierde
Verzweiflung
Zuversicht