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Nachtgesänge

In einem Brief an seinen Verleger Friedrich Wilmanns bezeichnete Hölderlin die sieben für die Veröffentlichung im Taschenbuch vorbereiteten Gedichte, zu denen auch ›Hälfte des Lebens‹ zählte, einmal als ›Nachtgesänge‹.

» Ich bin eben an der Durchsicht einiger Nachtgesänge für Ihren Almanach. Ich wollte Ihnen aber sogleich antworten, damit kein Sehnen in unsere Beziehung kommt. [...]

Übrigens sind Liebeslieder immer müder Flug, denn so weit sind wir noch immer, troz der Verschiedenheit der Stoffe; ein anders ist das hohe und reine Frohloken vaterländischer Gesänge. Das Prophetische der und einiger Oden ist Ausnahme. Ich bin sehr begierig, wie Sie die Probe einiger größern lyrischen Gedicht aufnehmen werden.
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Brief an Friedrich Wilmans um Weihnachten 1803

Über die Liebe wollte Hölderlin in diesen Gedichten also nicht schreiben. Vielmehr ging es ihm um eine bestimmte Form, die Form des Gesangs, die in der Antike ganz selbstverständlich zur Lyrik dazugehörte. Die Aufführung von Gedichten wurde von Musik und Tanz begleitet. Doch nicht um irgendeinen Gesang ging es Hölderlinum, sondern um einen Nachtgesang. Im Jahr 1800 erschienen ›Hymnen an die Nacht‹ von Novalis. Nur zwei Jahre später verfasst Clemens Brentano ›Der Spinnerin Nachtlied‹, das allerdings erst 16 Jahre darauf veröffentlicht wurde. Goethes ›Wandrers Nachtlied‹ war dagegen bereits 1776 entstanden und 1789 gedruckt worden. Die Nacht war das große Thema der Zeit. Auch in Hölderlins Gedichten spielt sie eine unübersehbar große Rolle.

134 Mal kommt die Nacht in Hölderlins Gedichten vor, 12 Mal die Dämmerung, 34 Mal wird es dunkel, 37 Mal trüb und 5 Mal düster. 67Sterne und 18 Monde bevölkern den Kosmos seiner Gedichte. 21 Mal wird das Gestirn erwähnt.

Die Himmelskörper in Hölderlins Gedichten, gezählt von Heike Gfrereis, Vera Hildebrandt und Roland Kamzelak für die Ausstellung ›Hölderlin, Celan und die Sprachen der Poesie‹. Daten aus dem Deutschen Literaturarchiv Marbach.

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